Die Innovationsfelder im Modellprojekt LANDSTADT BAYERN

In jeder Modellgemeinde bestehen ganz eigene Herausforderungen. Gleichzeitig beschäftigten sich alle mit derselben Aufgabenstellung. Deshalb arbeitete das LANDSTADT BAYERN Projekt mit sechs Innovationsfeldern, auf denen die Modellgemeinden neue, kreative Impulse geben und für die weitere Entwicklung ihrer jeweiligen Fläche(n) nutzen sollten. Dabei wurden sie von einem Expertengremium unterstützt, denn: Das Projekt LANDSTADT BAYERN legte großen Wert auf interdisziplinäre Zusammenarbeit.
Städtebau und Ortsentwicklung

Im Modellprojekt LANDSTADT BAYERN stand die Frage im Mittelpunkt: Wie können vorhandene Flächen bestmöglich umgewidmet und genutzt werden? Eine nachhaltige Stadtentwicklung betrachtet dabei die ganze Gemeinde und prüft, wie zukunftsfähig die jeweilige Veränderung ist. Dabei werden Bedürfnisse aus den Handlungsfeldern Wirtschaft, Soziales, Kultur und Umwelt berücksichtigt. Mobilitäts-, Stadt- und Infrastrukturplanung müssen gemeinsam gedacht werden. Gelingt das, werden vorhandene Flächen effizient genutzt und ein ausgewogenes, generationenübergreifendes Zusammenleben gefördert.

„Städtebau kann man als eine Verbindungs- und Koordinationsdisziplin innerhalb eines bestimmen Raumes verstehen. Diese Disziplin widmet sich der Frage: Wie führe ich verschiedene Personen mit verschiedenen Interessen und verschiedenen Wünschen für die Zukunft zusammen und entwickle daraus einen durchzuhaltenden Plan für den Umbau?“
Prof. Mark Michaeli, Experte für Städtebau und Wohnen
Wohnen, Arbeiten und Daseinsvorsorge

Ziel von LANDSTADT BAYERN war es, lebendige Wohnviertel zu fördern, die den Bedürfnissen aller Generationen Raum geben. Diese Viertel zeichnen sich durch bezahlbaren Miet- und Eigenwohnraum aus. Dabei ist der Wohnraum mal genossenschaftlich, mal generationenübergreifend organisiert. In jedem Fall ist er attraktiv und modern, sodass die Menschen im ländlichen Raum eine Perspektive haben.
Wichtig sind daher wohnungsnahe Lebensmittelgeschäfte und Dienstleistungen wie Schulen, medizinische Versorgung, Post oder Friseur – aber auch wohnungsnahe Arbeitsplätze, etwa in Co-Working-Spaces, gehören dazu. Kulturelle Einrichtungen, gesellschaftliche Einrichtungen und gemeinsam nutzbare öffentliche Räume sorgen für ein lebenswertes Quartier.

„Das Wesentliche ist, nicht nur die einzelne Fläche zu sehen, sondern die gesamte integrierte Entwicklung einer Kommune.“
Prof. Gabi Troeger-Weiß, Expertin für Regionalentwicklung und Raumordnung:

„Idealerweise sollte Wohnen so organisiert sein, dass gemeinschaftliches Wohnen im Vordergrund steht und hierfür passende Organisationsformen gefunden werden. Dies bezieht sich auf das eigene Haus, aber auch auf die bestehende und neue Nachbarschaft. Es sollte eine kreative Bewohnerschaft gefunden werden, die sich beispielhaft - z.B. in ehemaligen Industriehallen oder Schulen - mit ungewöhnlichen Wohnformen, niedrigeren Standards und der Idee ‚des Teilens‘ von Räumen und Gegenständen anfreunden können und sich somit ressourcenschonend verhalten.“
Prof. Hans-Peter Hebensperger-Hüther, Experte für Wohnungsbau
Mobilität und Verkehr

Wir alle stehen vor der Herausforderung, Mobilität und Verkehr umweltverträglich und zeitgemäß zu gestalten. Die LANDSTADT BAYERN Modellkommunen stärken mit ihren Mobilitätskonzepten den Umweltverbund aus Öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV) sowie Fuß- und Radverkehr. Zusätzliche Mobilitätsdienstleistungen wie Bike- und Carsharing, on-demand-Angebote oder ganz neue Mobilitätsformen sind vernetzt, emissionsarm und ressourcenschonend zu gestalten.
Hinzu kommen digitale Angebote wie Telemedizin oder Homeoffice, durch die Wege eingespart werden können. Der Verkehr ist bestenfalls so strukturiert, dass Radfahrende sowie Fußgängerinnen und Fußgänger sich sicher und gleichwertig neben dem ÖPNV und Autoverkehr bewegen. Mobilität wird als Mittel der sozialen Teilhabe betrachtet: barrierefrei, altersgerecht, bezahlbar, sicher und verlässlich.

„Gebiete, die leicht erreichbar sind, sind attraktiver zu entwickeln. Deshalb muss Stadtplanung die Entwicklung des Verkehrssystems mitdenken. Gerade im ländlichen Raum gibt es viele Menschen, die in größere Städte pendeln. Deshalb ist die Pendelanbindung von großer Bedeutung für eine Mobilitätswende.“
Prof. Dr. Rolf Moeckel, Experte für Modellierung nachhaltiger Mobilität
Digitalisierung und Smart City

Die Digitalisierung ermöglicht wirtschaftliche und soziale Vorteile – nur wie genau? Moderne Technologien und digitale Infrastrukturen vernetzen Bürgerinnen und Bürger, Verwaltung und Wirtschaft. So gestalten sie Kommunen effizienter, klimaschonender und sozial inklusiver. Schnelle Netze, intelligente Endgeräte und innovative Anwendungen geben neuen und großen Spielraum für alle Lebensbereiche. Sie ermöglichen beispielsweise Homeoffice, Co-Working-Spaces, E-Learning, E-Commerce, alternative Mobilitätsangebote, Telemedizin, smarte Gebäudeverwaltung und vieles mehr. Digitale Kommunen sind zudem Magnete für Start-Up-Unternehmen, die den Städten und Gemeinden auch wirtschaftliche Vorteile bringen.

„Digitalisierung erlaubt einen nahtlosen und problemlosen Zugang zu Informationen und zugleich die Verknüpfung dieser Informationen. So entsteht ein umfassenderes Bild – sowohl von einzelnen Vorhaben als auch der Gemeinde insgesamt. Das ermöglicht es, Synergien zu nutzen.“
Prof. Thomas Kolbe, Experte für Geoinformatik
Nachhaltigkeit, Klimaanpassung und Ökologie

Eine zukunftsfähige Stadtentwicklung fragt auch danach, wie die folgenden Generationen leben wollen. Damit auch unsere Urenkel ausreichend Ressourcen zur Verfügung haben, muss nachhaltig geplant und gebaut werden. Dazu zählt auch, noch mehr Energie regenerativ zu gewinnen und in einen intelligenten Kreislauf zu bringen. In Anbetracht des Klimawandels und seinen Folgen müssen wir unsere Städte anpassen und zukunftsfest machen. Das kann nur mit einer wassersensiblen, integrierten Siedlungsentwicklung gelingen, die neben mehr Grün und Wasser auch eine klimaneutrale Mobilität berücksichtigt.
Einige LANDSTADT BAYERN Modellkommunen entwickelten ihre Quartiere nach dem Schwammstadt-Konzept, das besonders gut geeignet scheint, die Folgen des Klimawandels abzumildern. Entsprechend achten sie auf die Vermeidung von Versiegelungen, die Versickerungsfähigkeit des Bodens und die Nutzung von Regenwasser.

„Die Stadtentwicklung ist dann innovativ, wenn Bestand (um)genutzt wird, wenn die Funktionsmischungen Wohnen, Arbeiten, Versorgung zusammenkommen, wenn mit Umsicht nachverdichtet wird, wenn eine gerechte Aufteilung der Verkehrsflächen angegangen und dadurch neue Freiraumqualitäten geschaffen werden. Ziel ist es, die Aufenthaltsqualität für Menschen, Tiere und Pflanzen zu verbessern und in verdichteten Situationen entschlossen auszubauen. Alle sollen es auch an heißen Sommertagen in der Gemeinde gut aushalten können – da kann es um Menschenleben gehen.“
Dr. Johannes Gnädinger, Landschaftsarchitekt, Experte für Klimaanpassung und Ökologie
Beteiligung der Menschen vor Ort

Alle Modellprojekte wollen von der Bevölkerung mitgetragen werden. Daher war auch die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger ein Innovationsfeld im LANDSTADT BAYERN Modellprojekt. In verschiedenen Formaten erhielten die Verantwortlichen Feedback von den wahren Expertinnen und Experten für das Leben in der Gemeinde – nämlich von den Menschen vor Ort.
Neben verschiedenen Beteiligungsformaten in den einzelnen Modellprojekten gab es auch eine projektübergreifende Beteiligungsmöglichkeit. Im Frühjahr 2023 konnten alle Interessierten an einer Online-Umfrage teilnehmen, die sich der Frage widmete: „Was wünschen sich zukünftige Bewohnerinnen und Bewohner für das neue Wohnquartier?“ Über 1.300 Personen haben sich beteiligt. Die Ergebnisse wurden den Kommunen für die weitere Planung zur Verfügung gestellt.